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Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft
RAMADA Cup 6³   2011/2012

Das Finale in Halle (Saale)

07. bis 09. Juni 2012

Turnierinformationen:

Rangliste:

Gruppe A · Gruppe B · Gruppe C · Gruppe D · Gruppe E · Gruppe F · DPEM

Teilnehmer:

Gruppe A · Gruppe B · Gruppe C · Gruppe D · Gruppe E · Gruppe F · DPEM

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Spielort:

RAMADA Hotel Leipzig-Halle

Ralf Mulde berichtet über das DSAM-Turnier in Halle (Saale)

Das Finale hat begonnen!

Eigentlich muss es heißen: Die Finale, denn es handelt sich um die zugleich ausgetragene Deutsche Pokaleinzelmeisterschaft, simpler „Dähne-Pokal” genannt und eben um die Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft. Letztere hält in der A-Gruppe dem „Elo-Vergleich” mit den Pokalfinalisten ungefähr stand, der sich beidseits auf Oberliga-Niveau bewegt.

Die weltweite Live-Übertragung der ersten Bretter dieser Veranstaltung kann man einfach und kostenfrei anklicken.

Vor den Namen der ersten Bretter der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft (DSAM) steht die Gruppenbezeichnung (A bis F). Bei der Deutschen Pokal-Einzelmeisterschaft (DPEM) werden die ersten beiden Bretter mit P1 und P2 bezeichnet.

An einem Brett der A-Gruppe im Spiel zwischen Bernd Laubsch und Florian Kull konnte man so wenig später z.B. die hochmoderne „Guimard” - Variante im Franzosen betrachten, aber wie ging das doch noch gleich nach diesem vertrackten „Springer c6” ohne vorher -c5 ... Ja, der Zuschauer am Monitor kann bei dieser Frage rasch zu seinen Aufzeichnungen hechten, die Spieler aber müssen die Probleme am Brett lösen. Bei Erinnerungslücken, die auch bei Weltklassespielern immer wieder vorkommen, dürfen natürlich auch die Herren im feinen schwarzen Anzug, die Schiedsrichter, nicht weiterhelfen - wenn sie es denn könnten.

186 Spieler in 6 Leistungsgruppen der DSAM und die 30 Pokalfinalisten füllen den großen, sehr komfortabel eingerichteten Saal. Beim DSAM-Finale mussten also 30 bereits qualifizierte Teilnehmer doch noch absagen; so ist das bei Amateuren. Bei denen geht der Beruf nun mal vor. Kramnik oder Leko würde das nicht passieren - und das ist nun mal einer der Unterschiede zum Profi.

Im RAMADA-Hotel bei Halle herrschte bei der Eröffnung ausgelassene Stimmung; ob es auch daran lag, dass eigentlich nur der Sprecher der Veranstaltung, Dr. Dirk Jordan, sich zu Beginn des Turniers an die Spieler wandte und weitere Auftritte wohl eher auf die Siegerehrung verlegt wurden? Wir wissen es nicht.

Spieler bei der Anmeldung

Bei der Anmeldung, hier mit Schiedsrichter Hugo Schulz im Vordergrund, drängelten sich die Spieler schon herbei - die waren alle richtig "heiß" auf ihren ersten Zug! Wann würde es losgehen?

So richtig angenehm wurde es, als verkündet werden konnte, dass die „Live”-Übertragung gesichert sei - nicht die vom Schachturnier, das sehen die Spieler ja am Ort vor sich, sondern die vom Fußball! Anscheinend sind die meisten Schachstrategen zugleich auch Fußballfans und möchten also das deutsche Team bei der EM „begleiten”. Bei der DSAM wird es ihnen selbstverständlich ermöglicht.

Jedenfalls sind wir sicher, dass sich die Heiterkeit, die in allen Gängen zu spüren ist, bis zum Turnierende halten wird. Es herrscht bestes „Schachwetter”, also nicht zu heiß und doch auch draußen nicht zu dunkel, so dass jeder eingeladen ist, zwischen den Zügen auf der RAMADA Terrasse ein paar Züge zu nehmen oder einfach einen netten Plausch mit Kollegen bei einer Tasse Kaffee zu halten.

Wo gibt es sonst ein Turnier, in dem absolut alle Teilnehmer, auch der10-jährige in in der F-Gruppe, in einem einzigen großen Saal spielen? So haben die großen Meister des Pokal-Finales, hier Michael Strache gegen Christof Herbrechtsmeier eben endlich einmal Gelegenheit, auch bei den Amateuren der D- oder A-Gruppe zu kiebitzen - und andersrum. Natürlich gibt es auch wieder tolle Preise zu gewinnen, die in der Mehrzahl vom RAMADA-Hotel gesponsert wurden. Vielleicht ist aber der Höhepunkt, dem viele entgegenfiebern, doch die große Abschluss-Gala mit Preisübergabe, einem herrlichen Bankett, mit überraschenden Unterhaltungseinlagen, ... vielleicht eine rauschende Ballnacht, gewiss aber ein unvergesslicher Schachabend, den so anderswo kaum geben wird.

Während der ersten Runde im Finale von Halle

Grund zur Freude haben eigentlich alle bei der DSAM. Die einen, die gewonnen haben, vielleicht nur ein wenig mehr als die anderen. Nicht nur der Gala-Abend wirft seine Schatten voraus, sondern auch das Uhrensimultan mit der deutschen Schach-Nationalspielerin Judith Fuchs. Es wird am Sonnabend gegen 15:00 Uhr stattfinden, also nach der letzten Runde der DSAM.

Damit natürlich noch lange nicht genug ... Die Spieler, die Begleiter, die Trainer, die Masseure, ... was man eben als Schachartist auf Reisen so braucht ... all die können Zeugen einer tollen Aufführung werden, wenn die Spiele-Designerin Nadine Villwock von der Dresdner Firma Loogicus das neu kreierte Gesellschaftsspiel rund um unser großes Hobby vorstellen wird: „Chess more than a game” heißt es und wird nun eben der (wirklich spannende und lustige!) Ausgleichssport zum Endspieltheorie-Studium werden. Gewiss wird man das Spiel in Halle auch gleich ausprobieren können: Mitmachen, nichts verpassen, ist hier die klare Devise.

Zeitnotpartie

Schach, bei dem einfach jeder mitgeht, das sind die berühmten „Zeitnotpartien”. Wenn die Zuschauer darauf aufmerksam werden, bilden sich sofort dichte Trauben um das Brett, jeder will es miterleben; das freut die Spieler nicht in jedem Fall, die so etwas eher nicht gewohnt sind; und die Schiedsrichter müssen sich eben, um die Uhr im Auge behalten zu können, eine Rettungswagen - Schneise verschaffen. Aber so etwas ist doch einfach das "Salz in der Suppe" jedes Turniers!

Und nun ein Ausblick auf „das” Ereignis der Woche: Die Siegerehrung beginnt am Sonnabend um 18.00 Uhr mit einem Sektempfang. Selbstverständlich wird der zuständige Vizepräsident des Deutschen Schachbundes, Niklas Rickmann, mit dabei sein - es ist für ihn nicht vorstellbar, sich das entgehen zu lassen. Und ab 20.45 Uhr wird im Saal ein „Public-Viewing” des Fußballspiels Deutschland - Portugal angeboten; es ist für viele Schachspieler nicht vorstellbar, sich das entgehen zu lassen ... „Schweinsteiger ist bereit” - Jogi Löw am 7. Juni. „Wir auch!” - Die Zuschauer.

Und eben zwischen der letzten Runde und Siegerehrung / Rickmann / Schlacht am Büffet / Spaß bis in die Nacht freut sich der Schachspieler auf die sympathische (und starke!) Judit Fuchs, die um 15:00 Uhr sozusagen gegen die Deutsche (Amateur) Meisterschaft antritt. Wirklich nur eine einzige, junge Frau gegen alle? Ja. Diese Lady schafft Euch alle ... vielleicht aber auch nicht! Es werden wohl gut ein Dutzend Spieler und Spielerinnen Platz finden - sich rasch zu melden, könnte also sinnvoll sein. „We love to entertain you!” So stellt sie sich den aber leider schon vergebenen Wahlspruch des Frauenschachs vor; wir können uns also auf eine bezaubernde Veranstaltung freuen.

Rund um den Henniger ... den Silbernen Turm

Der Pokalwettbewerb wurde zunächst als „Caissa-Sport-Magazin-Pokal“ am 15. April 1948 von dem Sportjournalisten und Schachmeister Paul Tröger initiiert", heißt es bei Wikipedia über die Deutsche Pokal-Einzelmeisterschaft, die seit 1971 ganz offiziell „Dähne-Pokal” genannt wird, nach dem langjährigen DSB-Präsidenten Emil Dähne. Der brachte als Funktionär sogar noch Geld mit und stiftete mit dem „Silbernen Turm”, den Pokal, den man nun auf Fotos ebenfalls bei Wikipedia verewigt sieht.(Bildquelle: Wikimedia Commons, Frank Hoppe).

Heutige Pokalsieger treten die Nachfolge bekannter Namen an; Karl Gilg, Dieter Mohrlok, Hans-Joachim Hecht und Jürgen Dueball waren darunter, aber auch der jetzige Präsident des Deutschen Schachbundes, Herbert Bastian, gewann schon einmal diese begehrte Trophäe. Sie ist einerseits Zeichen für einen großen sportlichen Erfolg, andererseits aber gleichsam auch der Eintrittsschlüssel für ein womöglich noch größeres Turnier:

Thomas Wiedmann

Der Pokalsieger erwirbt ebenso wie der Sieger der A-Gruppe der DSAM das Recht, sich an der Deutschen Einzelmeisterschaft im Kreis so mancher Großmeister zu beteiligen. Genau genommen hat er sogar das Recht, diese Meisterschaft auch zu gewinnen ..
Er hätte nichts dagegen: „Pokalchef” des Deutschen Schachbundes, Turnierleiter Thomas Wiedmann.

Vor knapp 50 Jahren fand hier in  an der Saale ein ganz anderes Turnier statt, das sozusagen "weltschachliche" Bedeutung hatte: Das Zonenturnier von 1963.Das RAMADA-Hotel existierte damals noch nicht - sonst hätte man gewiss gerne hier gespielt. Das Wort "Zone" hat übrigens keine politische Bedeutung, sondern meint die Bereiche, in die der Weltschachbund FIDE die Welt unterteilte, um darin ihre Ausscheidungswettkämpfe letztlich bis zur Weltmeisterschaft zu organisieren.

Lajos Portisch entschied damals das Turnier vor Bent Larsen für sich und leitete jene Periode ein, in der diese beiden in den Wettkämpfen der FIDE auf oberstem Niveau spielten, ohne aber je wirklich zur Krone greifen zu können. 1967 wurde erneut ein Zonenturnier nach Halle vergeben und es folgten noch sehr viele, wichtige Veranstaltungen.

Zunächst einmal aber müssen sie die Herausforderungen am Brett überstehen! An Brett 1 der B-Gruppe im Wettkampf zwischen Denis Schermer und Robin Jacobi schien Schwarz in einem zunächst nicht überscharfen Nimzoinder förmlich über den Figuren eingeschlafen zu sein; hatte Weiß nach 22 Zügen erst rund eine halbe Stunde verbraucht, so war es bei Schwarz mit anderthalb Stunden leider deutlich zu viel: Überschreiten der zulässigen Bedenkzeit in allerdings mittlerweile auch schon kritischer Position.

Unterdessen wurde im Pokal äußerst scharfes Kampfschach geboten. In der einen Partie ein Griff in die Tiefen jener uralten Zauberkiste, auf der mancher schon den Staub der Geschichte vermutete: Das Zweispringerspiel wurde von Christof Herbrechtsmeier präsentiert und sein Gegenüber Heinz Georg spielte prompt jene knallharte „Ulvestad-Variante”, die schon in der sog. „Fernpartie des Jahrhunderts” zwischen Estrin und Berliner (WM-Finale 1965) vorkam.

Martina Jordan und Martin Sebastian

Am Nebenbrett sollte es sozusagen „rund um den silbernen Turm” wohl ganz anders ablaufen: Dirk Paulsen zog scheinbar ganz gemütlich (à la Kramnik?) 1.Sf3, wurde aber von Michael Schulz, dem deutschen Pokalmatador des Jahres 2010, schon mit 1. ... b5 gezwungen, sich mit an diesem Tag vielleicht unerwarteten Bildern auseinanderzusetzen. Leider klappte gegen 19:00 h an diesem Brett die Live-Schalte zusammen, aber im wirklichen Leben ist nun mal nur wenig wirklich perfekt.

Da konnte auch der momentane Internet-Chef und Schiedsrichter Martin Sebastian auf die Schnelle nichts richten.

Zahlen und Titel rund um die DSAM

Informatiker müssen eigentlich nur mit zwei Zahlen umgehen: Eins und Null. Schiedsrichter und Turnierleiter müssen sich im Schach viel mehr merken können, nämlich Eins, Null und Einhalb. Hingegen sind Mathematiker viel besser dran, „das ist nämlich die einzige Wissenschaft, die ohne Zahlen auskommt”, wie der Turnierdirektor der DSAM, Dr. Dirk Jordan, unterstreicht. Der muss es wissen, denn er ist Doktor der Mathematik. Seine Frau Martina, im Orga-Team der DSAM zuständig für die Finanzen, weiß es auch; sie hat ebenfalls dieses Fach studiert.

„Mathematik ist die Kunst, das Rechnen zu vermeiden”, lautet so ein weiterer Standardsatz in der einzigen Wissenschaft, die komplett eine eigene Sprache entwickelt hat. Aber der Schachspieler weiß: Ohne Rechnen, nur mit Technik und Intuition, geht es einfach nicht - auch wenn Capablanca sinngemäß einmal anderes behauptete. Genies dürfen das eben unwidersprochen tun. (Quelle: Bundesarchiv / Wikimedia Commons)

Wer nun übrigens vermutet, dass es der Historiker sei, der am meisten mit Zahlen zu tun habe, sei darauf hingewiesen, dass man hier eher mit (zu kopierenden) Seitenzahlen und mit einem guten Dutzend Jahreszahlen (zur eigenen Orientierung) und mit noch mal so vielen Daten zu tun hat, die man aber nur benötigt, um in Tischgesprächen zwischen Eintopf und Pudding jedermann gehörig zu beeindrucken.

Der gemeine Schachspieler der DSAM geht sehr wohl mit Zahlen um. Da wären DWZ- und Elo-Zahlen, seine Zimmernummer im Hotel, die Geheimzahl der Scheckkarte; aber sie hantieren eben auch mit einigen Jahreszahlen, etwa, wenn man mächtig imponierend irgendeine Partie von „Tal gegen Portisch, Westrhauderfehn 1967” (oder so ähnlich) zu erwähnen weiß. Eigentlich also, - "zahlen, bitte!" - Ziffern und Nummern wohin man nur blickt.

Orgteam am Computer

Das mit dem „Sprecher” der DSAM ist ja auch so eine Sache. Bei Titeln kann man nicht vorsichtig genug sein. Viele, zumeist die edelsten, verbergen ihr hohes Amt hinter einem eher weniger hochtrabenden Titel. So kennt die Kirche in Bremen den "Schriftführer" als ihren eigentlichen Boss. Der Titel würde aber bei der DSAM zu leichten Verwirrungen führen. Im Vatikan ist es klarer, die haben den Papst. Und im Bundeskabinett ist es auch klar, die haben ja Mutti. Der Deutsche Schachbund hat einen Präsidenten.

Und was hat die DSAM, deren Aktivisten nun mal ein Team sind, untereinander gleich berechtigt? Einen Teamleiter? Kurz und knapp, es gibt einen, der nach außen hin in brillanter Weise alles darstellt und nach innen einen großen Teil der Planung erledigt: der Sprecher der DSAM, Dr. Dirk Jordan.

Die dritte Runde: Halbzeit

Am Mittag des zweiten Spieltages, während und kurz nach der dritten Runde, befindet man sich ungefähr in der Hälfte des Turniers und es besteht Gelegenheit, schon einige Eindrücke zu sammeln. So mancher Spieler mit besten Chancen und Vorsätzen im Koffer hatte die vergessen auszupacken. Jetzt muss er oder sie das Feld ab der vierten Runde von hinten aufrollen. Was mit einer Ölsardinenbüchse klappt, muss doch wohl auch mit einem Schachturnier funktionieren.

In den 20er und 30er Jahren, in denen viel weniger Wettbewerbe als heute veranstaltet werden konnten, musste man noch recht viele Partien in jedes Turnier packen; das nächste dieser Kategorie würde vielleicht erst in zwei, drei Jahren stattfinden und die einmal angereisten Spieler mussten eben maximal "ausgenutzt" werden. So spielte man gelegentlich zwanzig, sogar dreißig Runden.

Das klappt natürlich in Halle an nur einem Vor-Wochenende nicht so ganz, auch wenn das RAMADA-Hotel uns gewiss gerne über einen längeren Zeitraum beherbergte; und hier lässt sich's ja auch gut leben. In den jetzt verfügbaren nur fünf Runden ist dieser Aufroll-Plan mit dem „Feld von hinten” vielleicht nicht so ganz das Richtige. Aber man wird sehen! Andersrum wäre es verwunderlich, wenn bei der jeweils sehr starken Konkurrenz ein Spieler 90 oder gar 100% erzielen würde, wie es in den Vorrunden aber doch mehrfach vorkam. Mithin: Doch wieder Hoffnung für die Aufroll-Spieler ...

Im Pokal wird's nix mit dem Aufrollen, hier gilt nur: „Hopp oder topp”. Das ist Kampfschach. Und in diesem Sinne boten die beiden sehr starken FIDE-Meister Hagen Poetsch und Christof Herbrechtsmeier dem staunenden Publikum eine tolle Partie, in der Schwarz die Verteidigung vielleicht nicht aktiv genug führte (entspannt im Kinosessel kann man so was leicht sagen!) und recht früh die Waffeln strecken musste.

Martin Molinaroli

Ausgesprochen spannend ging es auch in der Partie zwischen Bernd Laubsch und Martin Molinaroli zu; Letzterer war als einer Elo-Favoriten in die A-Gruppe gesprungen und ... zunächst mal auch so gelandet. Er hatte die erste Runde gewonnen. Jetzt mit Schwarz würde es schwieriger werden. Im 40.Zug aber waren Bernd Laubsch mit Weiß lediglich noch 7 Sekunden geblieben! Weiß war am Drücker, das schien so zu sein. Rasch spielte er 40.Qf3, ein prüfender Blick: Ja, die Zeitkontrolle war ohne Schaden überstanden.

Aber auch seinem Gegenüber blieb nicht mehr viel Zeit und in schwierigen Positionen mit wenig „Luft auf der Uhr” kann schon mal einiges passieren ... Knapp 3 Minuten blieben noch, flott wird der „dd” (dreist drohende) Springer h6 des Feldes verwiesen, Weiß schlägt dafür den Läufer auf b3, plötzlich sieht alles viel übersichtlicher aus, vielleicht hat Schwarz, dessen Schwerfiguren auf der d-Linie agieren, nun sogar besseres Spiel?

Nur für einen kurzen Moment lassen wir die Partie aus den Augen, hasten durch den Saal, kehren zurück und stellen nun fest: Schwarz hat seine d-Linie ausgenutzt und im reinen Damenendspiel, auf das es einfach zulief, im 69.Zug ein dreizügiges Matt aufs Brett gestellt. Martin Molinaroli ist damit in der A-Gruppe mit 100% allein führend! Wird dieser Sturmlauf weiter anhalten? Bleiben Sie dran ..

Unterdessen hat in der C-Gruppe Steffen Kottke seine Plus-Qualität im Endspiel ausgenutzt, den Freibauern dahin gezogen, wo ein Freibauer nun mal hin will und ein paar Züge später, die der Lust am Spiel geschuldet waren, gab Eric Ahlers auf. Steffen Kottke, der mit einer DWZ von 1851 für den Schachclub 81 Schneverdingen spielt, ist damit der mit 100% allein Führende in der C-Gruppe und tritt nun mit Schwarz gegen Jeremy Moeller an.

Und in der Gruppe E treffen in Runde 4 gleich zwei „Mr. 100%” aufeinander, nämlich Oliver Billing gegen Robert Heine. Auch hier gilt: Ergebnis-Voraussagen sind zulässig, aber nicht sinnvoll.

Und für wen es in diesem Finale vielleicht doch nicht so ganz geklappt haben sollte, wem es aber gut gefallen hat, für den ist diese Information gewiss hilfreich und vielleicht es tröstend: Schon am 19. bis 21.Oktober 2012 geht es nämlich in Bad Soden bei Frankfurt am Main mit der nächsten Runde, einem Qualifikationsturnier weiter. Natürlich im RAMADA-Hotel, ist ja klar. Am 16./18. November sehen wir uns in Magdeburg und schwenken dann wieder zurück, nämlich direkt vor dem Weihnachtsfest am 21./23. Dezember im schwäbischen Aalen.

Das neue Jahr wird am 4./6. Januar 2013 in Hamburg-Bergedorf mit fünf Partien DSAM-Schach eröffnet (womit sonst?) und natürlich darf auch die Karnevalsschach-Veranstaltung nicht fehlen: Direkt vor Rosenmontag wird am 8./10.Februar 2013 in Brühl bei Köln Schach gespielt. Es sind immer sechs Vorturniere, also fehlt noch ein; in Halle / Saale am 19./21. April 2013 besteht im kommenden Jahr für diesen Umlauf die letzte Chance, sich für das Finale zu qualifidingsen und zwar für den 30. Mai bis 2. Juni 2013 im RAMADA-Hotel in Kassel.

Endspiel !

Wir befinden uns in der Schlussrunde. Beim Radrennen wird dann geklingelt, aber das muss man sich im Schach eben einfach dazu denken. Außerdem haben wir ja unsere Erkennungsmelodie aus „Chess”, die das Publikum aus dem Foyer in die Ränge bzw. an die Bretter treibt. Na schön, also keine Glocke. Verdient hätte die aber der eine oder andere ...

Martin Molinaroli

In der zweifellos schwierigsten Gruppe, sozusagen der „Königsklasse”, der A-Gruppe, führt jetzt, während wir doch schon die Minuten bis zum Turnierschluss zählen, der Erste der Elo-Setzliste, der Münsteraner Martin Molinaroli (Elo 2309) mit 100% !! Bisher 4,0 Punkte, das ist einfach unglaublich. Er unterstützt seinen SK Münster mit großer Hingabe in der Oberliga, der sog. NRW-Liga; trotz des Aufstiegs seines Clubs war es aber heuer vielleicht noch nicht mal seine allerbeste Saison. Da ist noch Luft. Da kommt noch was. Vielleicht schon heute. Und dann ... wird durchgestartet. Martin Molinaroli ist ein auch sonst sehr aktiver Spieler, denn wer rastet der rostet; allein 2012 war das Schloss-Open und das Oberhauser Oster-Open Schauplatz einiger Erfolge. 2010 gelang es dem 1966 geborenen Münsteraner sogar, "NRW-Meister" zu werden. Bei chessgames.com und Wiki findet sich noch kein Porträt von ihm, aber das wird wohl nicht mehr lange so bleiben können!

Aber ... nicht viel schwächer gespielt als „Martin 100% Molinaroli” hat eben auch sein heutiger Gegenüber, Hartmut Zieher (Elo 2274), der als Sechster der Setzliste sonst für den Hamburger SK von 1830 in der Oberliga Nord/Nord unterwegs ist und in der DSAM bis jetzt 3,5 auf dem Konto hat. Hartmut Zieher wurde 1955 geboren, so dass sich auch richtig tolle Partien von ihm bereits aus den 80er Jahren finden lassen. Bei dieser Partie mit Martin Molinaroli, in der Zieher mit Weiß ziehen wird (Entschuldigung, ich konnte dem nicht widerstehen ...!), haben wir es also mit einem echten Endspiel zu tun. Jonas Lampert, Holger Namyslo und Dr. Gerhard Köhler haben je 3,0 Punkte; gewinnt Hartmut Zieher, hat er aber schon 4,5 Zähler; spielen die Jungs am ersten Brett remis, wird Martin Molinaroli mit 5,5 Punkten uneinholbar sein.

Marcel Schulz

Es ist kaum zu glauben, aber in der B-Gruppe gibt es ebenfalls einen Spieler mit unfassbaren 100%!! Es ist Marcel Schulz (Elo 2030), der im weitesten räumlichen Sinne einen "Heimvorteil" zu nutzen scheint, denn er spielt für die "SG Aufbau Elbe Magdeburg". Das wirklich Verwunderliche ist, dass Schachfreund Schulz gerade mal (geschickt getarnt?) als Nummer 19 der Setzliste angetreten ist, jedenfalls wenn man nach Elo sortiert. Ordnet man die Liste aber nach DWZ an ... bleibt es genauso. Platz 18.

Wie macht dieser Magdeburger das nur mit seinen 100%? Er spielte mit einer DWZ von 2029 immerhin am faktisch dritten, manchmal zweiten Brett in der Verbandsliga. Bisher gelang dort eine Drittel-Punktausbeute, aber mit dem Rückenwind aus Halle kann es in der kommenden Saison ja durchaus noch mehr werden! Nebenbei ist er in den zwei  Jugendligen "U16 und U20" noch als Staffelleiter aktiv und engagiert sich damit also auch helfend für die anderen Spieler. In der B-Gruppe werden Denis Schermer, Alexander Franzke und Robin Jacobi, die jeweils 3,0 Punkte aufweisen, bereits überlegt haben, ob sie im Falle einer Niederlage des Magdeburgers und eines eigenen Sieges doch noch Deutscher Amateurmeister der B-Gruppe werden würden; das soll uns hier aber nicht weiter aufhalten.

In der C-Gruppe trägt die Partie an Brett 1 (wird also im Internet übertragen!) Steffen Kottke gegen Tim Niklas Bingert ebenfalls "Endspielcharakter". Beide haben phantastische 3,5 Punkte aus vier Partien, niemand sonst hat so viel und keiner hat mit den beiden gerechnet. Steffen Kottke ist im SC 81 Schneverdingen aktiv, hat eine DWZ von 1852 und eine ungefähr gleiche Elo von 1850, ist der Vierte der DWZ-Setzliste (viele Spieler haben in dieser Gruppe keine Elo-Zahl) und Tim Niklas Bingert spielt im SK Langen, also nahe Offenbach, hat eine DWZ von 1781, aber eine ebenso hohe Elo wie sein Gegenüber, nämlich 1852 und rangiert nach DWZ als Neunzehnter der "Vorschusslorbeerenliste". Das Orga-Team, es sei zugegeben, versucht immer ein wenig zu planen und schon zu Beginn des Turniers Bilder jener Spieler zu erhaschen, die am Ende vielleicht siegen werden; von diesen beiden hatten wir keine "geschossen". Herrlich, wie diese Turniere immer wieder tolle Überraschungen bieten!

Bernjamin Stephany
Kai-Christian Bruns

Die D-Gruppe ist undurchschaubar. Gut, den Satz soll ich ohne noch ein paar weitere Worte wohl doch nicht einfach so stehen lassen, also: Benjamin Stephany spielt nun an Brett 1 gegen Kai-Christian Bruns, beide haben 3,5 Punkte. Gut, das ist noch leicht zu verstehen. An Brett 2 spielt aber mit Schwarz Gerhard Albert und der hat auch 3,5 Punkte. Er versucht dort Claudia Meffert zu überwinden, die 3,0 Punkte aufweist - und das ist ebenso viel wie Walter Zibell, Gerhard Späth und auch Wolfgang Daur als Guthaben ausweisen. So. Und jetzt bitte die Voraussage, wer das Turnier gewinnt und wer hier in diesem Bericht mit einem Foto zu sehen sein sollte ...

Die E-Gruppe ist zumindest leichter zu beschreiben. Aber ist sie auch leichter zu spielen? Wohl kaum. Auch hier haben wir (es ist immer wieder nur zu bewundern!) einen Spieler, der unfassbar phantastische großartige unglaubliche 100% geschafft hat, nämlich Oliver Billing, der mit seiner DWZ von 1498 im SC Schwabmünchen Schach spielt.

Um nur einen einzigen DWZ-Punkt ist er von Robert Heine, TuS Osterburg Weida, zumindest in der Setzliste auf Platz 2 verwiesen worden. Robert hat jetzt 3,0 Punkte und ist damit Dritter in der (realen) Tabelle. Die Chancen für Jerome-Frederic Raub, VfL Kalbe/Milde, sind aber völlig intakt, diese Gruppe doch noch zu gewinnen, denn er tritt jetzt mit 3,5 Punkten im Gepäck in der letzten Runde mit Weiß gegen Oliver Billing an; ein Sieg und es ist geschafft.

Moritz und Cecilia Cejda

Und in der F-Gruppe, in der traditionell viele (aber keineswegs ausschließlich) noch sehr junge Spieler zugange sind, was ist da los? Samuel Statz vom SV Erftstadt führt zusammen mit Moritz Cejda, USC Magdeburg, die Tabelle an. Beide haben 3,5 Punkte, aber damit doch nur einen halben Punkt mehr als sechs (!) nachfolgende Spieler. Die zwei Führenden, so will es das Schweizer System, treten jetzt in der letzten Partie gegeneinander an: Endspiel. Und weil uns die Begegnung zwischen Moritz undCecilia Cejda in der ersten Runde so gut gefiel, haben wir dort auch gleich ein Foto von den Geschwistern gemacht.

Die Würfel sind gefallen. Die Könige auch.

Die Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft 2012 kennt nun die Namen ihrer Meister. Jeder von ihnen ist "Deutscher Schach-Amateurmeister", eben in seiner entspr. Spielklasse. Wir erlebten ein  rauschendes Fest der Spiele inmitten der Deutschen Schachfamilie - und auch in einigen echten Familien, die einfach mal zum Urlaub mit ins RAMADA-Hotel Halle / Saale kamen. Viele phantastische Partien wurden gespielt, manche tolle Kombination erblickte das Licht der Welt und wir hoffen: Viele Freundschaften wurden geschlossen oder vertieft.

Oberligaspieler Hartmut Zieher ist Deutscher Schach-Amateurmeister der A-Gruppe 2011/12! Herzlichen Glückwunsch nach Hamburg! In einem dramatischen Finale, in dem er mit Weiß gegen den bisher mit glatten 100% durch das Turnier marschierten Martin Molinaroli gewinnen musste, behielt der Hamburger die Nerven und siegte. Es war eine selten gespielte Variante des Caro-Kann, mit der Martin Molinaroli aufwartete. Der hatte aber schon einige Erfahrungen damit, u.a. mit einem Sieg gegen IM Hagen Poetsch bei der Deutschen Einzelmeisterschaft 2011. Hartmut Zieher ließ sich nicht beirren, entwickelte sich ruhig und zielstrebig und ... fuhr den vollen Punkt in die Garage. Neben den schönen Preisen hat er damit auch das Recht errungen, im nächsten Jahr bei der Deutschen Einzelmeisterschaft zu gewinnen - oder mindestens dort mitzuspielen und Spaß zu haben.

Der 1955 geborene Sieger dieses Turniers findet Zeit, neben seinen Einsätzen für den traditionsreichen Hamburger SK von 1831 auch noch im Betriebsschach seine Fußabdrücke zu setzen. Anfang der 80er Jahre spielte er für seinen HSK in der noch gar nicht so alten Bundesliga gegen auch heute noch bekannte Größen wie Chandler, Gerusel, Borngässer und auch Egon Ditt. Heute zieht der Deutsche A-Amateur-Meister seine erfolgreichen Kreise in der starken Oberliga Nord / Nord und wenn man die Aufstellung seines Vereins so durchgeht, fällt der Blick auch auf eine Judith ... Es ist Judith Fuchs, die in Halle simultan spielt und ihrem Mannschaftskameraden dann auch gleich zum Meistertitel gratulieren konnte!

Marcel Schulz

In der B-Gruppe ließ Marcel Schulz nichts mehr anbrennen; er hatte bisher 100% erspielt, ein Remis bedeutete den Titel und so teilte er in der Schlussrunde nach ein paar belanglosen Zügen die Punkte mit Denis Schermer, der schon zu Beginn der Partie keine Chance mehr hatte, den für Aufbau Elbe Magdeburg spielenden neuen Deutschen Schach-Amateurmeister der B-Gruppe 2011/12 in der Tabelle noch einzuholen.

Unsere besondere Bewunderung in der B-Gruppe gilt auch Frank Schellmann, der den Deutschen Blindenschachbund repräsentierte und in dieser gewiss nicht leichten keine einzige Partie verlor! Mit einem Sieg und vier Remisen war es am Ende zwar nicht ganz das Siegerpodest, aber ein Ergebnis, dem wir großen Respekt entgegenbringen.

Er ist der einzige Teilnehmer aus Halle an der Saale, der hier im Finale reüssieren konnte. Schon 2008 war er Vizemeister der sehbehinderten Spieler und in diesem Jahr gelang der große Wurf: Der Sieg in der Internationalen Offene Deutschen Meisterschaft 2012 des Deutschen Blinden- und Sehbehinderten-Schachbundes (DBSB). Wir freuen uns, dass er auch bei den Amateuren mitgespielt hat!

Tim Niklas Bingert

Die C-Gruppe ist die, in der traditionell die nach vorn rückenden, ganz großen Talente auf sich aufmerksam machen. Tim Niklas Bingert aus Langen bei Offenbach (nicht Hannover, wie wir es zuletzt irrtümlich meldeten - obwohl es da und nahe Bremerhaven und wer weiß wo noch auch eins geben soll) hat in der letzten Runde wiederum gewonnen! Und weil er ohnehin schon die Tabelle anführte, bedeutete es, dass er nun Deutscher Amateur-Meister der C-Gruppe 2011/2012 geworden ist: Herzlichen Glückwunsch! Solche Titel bedeuten Autogrammkarten, kreischende Fans, lässiges Gleiten in der Stretch-Limou mit Chauffeurin ... und selbst wenn das nicht ganz so sein sollte, bedeutet es den Gewinn des vom RAMADA-Hotel ausgesetzten Preises, was ja eigentlich viel besser als all das ist.

Die D-Gruppe war jene, die auch für erfahrene Beobachter sogar noch während des Verlaufs der letzten Runde unmöglich zu prognostizieren war. Zu nah lagen die Ergebnissee aller Spieler beieinander. Zu ausgeglichen waren ihre Leistungen. Manche tippten, dass es Claudia Meffert aus Magdeburg doch noch "irgendwie" ganz nach vorne schaffen konnte. Aber sie ging mit 3,0 Punkten in die letzte Runde und allein drei Spieler hatten bereits eine 3,5 auf dem Konto. Und am Ende ... herrjeh, da brauchte man ja einen Rechenschieber! Vier Spieler hatten am Ende des Turniers 4,0 Punkte erzielt.

Gerhard Albert aus Barsinghausen hatte die etwas bessere Feinwertung und durfte sich damit zu Recht über den errungenen Titel Deutscher Schach-Amateur-Meister der D-Gruppe 2011/12 freuen. So richtig knapp auf den Hacken klebten dem Meister Kai-Christian Bruns (Ricklingen), Benjamin Stephany (Freibauer Barleben) und Walter Zibell (Neubrandenburg), von denen jeder einzelne 4,0 Punkte erspielte! Um es klar zu sagen: Das sind jeweils 80% der möglichen Punkte! Es soll Großmeister geben, die in ihren Turnieren mit weit weniger zufrieden über die Ziellinie latschen. Das sind also in jeder Gruppe schon wirklich exzellente Leistungen, mit denen uns die Teilnehmer zu begeistern wissen: Danke dafür!

Oliver Billing

In der E-Gruppe ließ Oliver Billing vom SC Schwabmünchen auch keine Zweifel mehr aufkommen, wie es ja schon der Kollege in der B-Gruppe vorgemacht hatte; ein Remis auf der Schlussgeraden sicherte ihm den ersten Platz und damit auch den Titel "Deutscher Schach-Amateur-Meister 2011/12 der E-Gruppe". Auch hier hören wir ihm die Massen zujubeln und sagen; Herzlichen Glückwunsch!

In der F-Gruppe hat sich Moritz Cejda vom USC Magdeburg durchgesetzt. Der junge Mann von der Elbe wurde 1996 geboren und feierte 2011/12 seinen bisher größtem Erfolg, den Titel des Kreismeisters der U16. In der DSAM gewann er in der letzten Runde fulminant und recht schnell - vielleicht, um nur ja nicht das Fußballspiel zu verpassen, denn neben Schach interessiert er sich eben auch für die Jungs mit dem runden „Leder”. Zuletzt spielte er im Magdeburger Ranglistenturnier einige tolle Partien. Für moralische Unterstützung war hier in Halle gesorgt, denn seine blonde Schwester Cecilie spielte ebenfalls mit und prompt wurden sie in der ersten Runde gegeneinander gelost; Moritz setzte sich in der Partie durch und entging damit garantiert jahrelangen Hänseleien der Schwester - wie das eben so ist, wenn man zusammen groß wird.

Moritz' Schachpartner der letzten Runde war Samuel Statz vom SV Erftstadt. Das ist insofern bemerkenswert, da er der Drittletzte auf der ominösen DWZ-Setzliste war. Erfahrene Spieler und Turnierleiter wissen aber: Gerade in diesem Bereich bieten diese Zahlen so viel Anhalt über die Lage wie ein Zugfahrplan an einer verlassen aussehenden Station in Sri Lanka; man weiß Ungefähres, aber mehr eben auch nicht.

Wir verlassen den Turniersaal, gehen voller Erwartung in die Simultanvorstellung von Judith Fuchs und rücken schon mal die Lackschuhe und den Anzug zurecht, denn in wenigen Stunden beginnt ja schon die tolle Abschluss-Gala des Deutschen Amateurschachs! Dort werden gewiss auch wieder einige Einlagen zu beschreiben sein: Wir bleiben dran.

Judith Fuchs besiegt die Deutschen Amateure 9,5 : 2,5

Judith Fuchs und Walter Pungartnik im Gespräch

Die deutsche Nationalspielerin Judith Fuchs ist ja eigentlich eine äußerst charmante, großzügige Person, ein Sonnenschein des Schachs. Aber am Brett ... tja, was soll man sagen ... gnadenlos.

Ihr Problem war eigentlich eher, die Bedenkzeit zu schaffen als das glatte Dutzend Schachpartner zur Aufgabe zu zwingen. Und das sind ja nicht mehr „nur” die Spieler, die noch in den Qualifikationsturnieren auf die netten Mädels des Nationalteams lauerten; nein, das sind jetzt in Halle schon diejenigen, die sich durchgekämpft hatten, das sind die eisenharten Finalisten, das sind die deutschen Amateurkämpfer, die an ihren König nur Wasser und CD ... äh ... jedenfalls nicht die gegnerischen Figuren lassen! Und mit denen hatte es nun die Einser-Abiturientin und werdende Zahnärztin aus Leipzig / Hamburg zu tun.

Aber andererseits ... so eine knorrige Wurzelbehandlung der gegnerischen Rochadestellung oder gar eine rasche Extraktion eines faulen Bauern am Damenflügel, das lässt sich die hier in Halle gewiss nicht entgehen. Die 1990 geborene Meisterin hat ein Elo-Rating von 2271 und ist ein WIM. Das heißt nicht "wery important Master" und hat auch nichts mit Wim Thoelke zu tun (falls den keiner mehr kennt, bitte die Älteren unter uns fragen), sondern sie ist eine „Women International Master”. Das geht sogar noch besser und wird wohl auch bald erreicht werden, nämlich als WGM, also Women GrandMother - oder so ähnlich.

Marko Sponheim (B-Gruppe, 1950) und Josef Kaluza (B-Gruppe, 2027) retteten den Amateuren aber zum Glück doch noch ein paar dürre Punkte. Sie besiegten Judith Fuchs, ein gelungener Abschluss des Tages und ein nettes Erlebnis! Michael Fuhr (C-Gruppe, 1733) gelang noch ein schönes Remis, der Rest wurde sichere Beute der Expertin.

Wenn man sieht, wie gut diejenigen waren, die dann auch prompt gepunktet hatten: a la bonheur! Eine solche Gegnerschaft mutet sich längst nicht jeder Simultanspieler zu. Dass es dennoch ein souveräner Sieg für die Championesse wurde, spricht für die Stärke der netten Judith Fuchs und wohl auch für die gesamte Frauen-Nationalmannschaft.

Turnier in Halle endete mit Schach-Gala-Abend

Galaabend im Festsaal

Nach drei Tagen voller Spannung, natürlich auch hier und da mit einer Enttäuschung, aber insgesamt voller Spaß und Harmonie ist es Tradition, die DSAM stets mit einem Gala-Abend zu beenden, der immer mindestens vier Teile hat: drei, vier kurze Grußworte, einen kleinen „Show-Act”, die feierliche Ehrung der Sieger des Turniers und ein Buffet. Viele, die das schon kennen, kleiden sich zu diesem Anlass noch ein bisschen hübscher als sonst, so dass zumindest die kleine Chance besteht, sich mit der Krawatte in der Vorsuppe zu verfangen.

Dieses Turnier ist durch seine Ausstrahlung und seinen Platz im deutschen Schach keine Kleinigkeit, so dass bisher zu jedem Finale ein höchstrangiger Vertreter der Stadt am Gala-Abend, zumeist aber auch zur Eröffnung anwesend war und ein paar nette Worte sagte. So begrüßte auch diesmal „Sozialbürgermeister” Tobias Kogge die Teilnehmer und freute sich sehr, dass dieses Finale nun schon zum dritten Mal in Halle an der Saale stattfand.

Eigentlich lautet sein Titel "Beigeordneter der Stadt Halle (Saale) für Jugend, Schule, Soziales und kulturelle Bildung". Hätte er sich aber so vorgestellt, wäre kein anderer mehr zu Wort gekommen. Sehr engagiert schlug der gut vorbereitete Dezernent eine elegante Brücke des Schachs zwischen den Welten des Sports, der Kultur und der Wissenschaft. Die Anwesenden dankten es ihm mit starkem, anerkennendem Applaus. Bei manchen Rednern klatschen die Leute ja eher aus Erleichterung, dass sie aufhören, aber das war hier sichtlich nicht der Fall!

Walter Pungartnik als Österreicher Pumpernickel

Und dann kam Pumpernickel. Die ur-österreichische Figur musste versuchen, eine unglaublich „anspruchsvolle” Schachaufgabe zu lösen, und dem so verkleideten Walter Pungartnik (Referent für Breitenschach des Deutschen Schachbundes) gelang es, mit viel Witz und Humor und nach möglichst vielen Fehlversuchen die abgebildete Mattstellung zu lösen ... , nach vielem spaßigem Hin und Her gelang es ihm unter dem Gejohle der klatschenden Spieler, das einzügige Matt zu finden.

Wie immer hat es Spaß gemacht, die zahlreichen Ehrungen zu verfolgen. Die Schiedsrichter und Organisatoren hatten sich anscheinend von irgendwoher einige Informationen über die jeweiligen Sieger besorgt und führten ein kleines, vorstellendes Interview.

Damit erfuhren alle ein wenig aus dem Leben derjenigen, die nun eben nicht mehr nur „der mit dem dritten Platz” waren, sondern Menschen mit einem oder mehreren Hobbys, einer oder mehreren Frauen, wann und welche Erfolge im Schach und sonstwo errungen wurden, das alles in netter, spielerischer und vor allem nicht zu langer Form: Eine gute Idee!

Walter Pungartnik war nicht nur als „Show-Act” unterwegs, sondern natürlich auch als hoher Repräsentant des Deutschen Schachbundes. Mancher Schauspielprofi wäre froh, derart geschmeidig mehrere Rollen wechseln zu können! Für den DSB ehrte er den Verein des Jahres 2012, die „Magdeburger Schachzwerge” sowie später das „Orga-Team” der DSAM für dessen nun elfjährigen Einsatz.

Der tolle Simultan-Auftritt von Judith Fuchs war noch in aller Munde, aber noch ein paar weitere „dolle Dinger” waren hier in Halle zu sehen gewesen. Man glaubte ja, dass alle Wörter, die irgendwie mit „Wende” (natürlich die zum Guten) zusammenhängen, schon allgemein bekannt seien. Aber unser Freund der Veranstaltung, Tischlermeister Frank Günnewich. Der stellt nämlich in Halle seine „Wende-Schach-Tische” aus.

Keineswegs auf dem Kopf stand die Schachfirma Mädler, die als Dresdner Schachhändler einen Stand in der Halle des RAMADA-Hotels errichtet hatte und dort Material für die rasche, theoretische Vorbereitung auf den nächsten Schachpartner bot. Von Sizilianisch bis Englisch und noch viel mehr konnte bei der netten und kompetenten Monika Mädler so ziemlich alles direkt erworben werden.

Ebenfalls aus dem nahen Dresden kam „das Spiel”. Es sorgte für eine Menge Gesprächsstoff, nachdem es am Nachmittag ausprobiert worden war. Die Leute wollten ja gar nicht mehr aufhören! Es wurde gelacht, gekichert und vom Spielende nach der ersten Runde wollte niemand etwas hören: eine zweite musste gespielt werden, die erste 55 Minuten und die zweite 45 Minuten lang. „Chess more than a game” lautet der Name des Spiels von der Firma loogicus.

Spielenachmittag

Es handelt sich um ein neuartiges Brett- und Würfelspiel zum Schach, bei dem zwei bis acht Spieler auf eine spannende Reise durch Europa gehen und 32 bedeutende Orte des Schachs besuchen, berühmten Schachspielern der Geschichte begegnen und Fragen zu  Details über Schach beantworten. Richtig neu ist dieser verflixte "Speedwürfel". Mit dem erlebt man bei diesem Spiel eine bisher ungekannte Dynamik: Wer richtig antwortet, darf um so viel weiter ziehen, wie er gewürfelt hat, bei falscher Antwort geht es entsprechend zurück. Die Gewinner erhielten als Preis ein Spiel zum Mitnehmen. Wer ein bisschen gucken möchte, wie es genau funktioniert, kommt hier ans Ziel: http://www.loogicus.de/

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